Dein Inneres ist wie ein Garten. Unkraut kommt von allein. Aber schöne Blumen musst du pflanzen und pflegen. Idil Baydars Oma

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Ich habe Idil Baydar zum ersten Mal Ende letzten Jahres in der ufa-Fabrik gesehen. Sie moderierte einen Abend der Kabarettwochen und ihre Gäste waren Murat Topal und Masud Akbarzadeh. Seither wollte ich immer mal ihr Soloprogramm sehen und bin mit Begeisterung in die Bar jeder Vernunft zu ihrem neuen Programm “Ghettolektuell” gegangen, das dort am 6. September seine Premiere feierte.

Was hatte ich erwartet? In der ufa-Fabrik war Idil bereits als schlaue, taffe Frau aufgefallen, die sich um Deutschland und was in Deutschland zur Zeit passiert, ernsthaft Sorgen machte. In ihren Trainingshosen, mit den großen Ohrringen und den blondgesträhnten Haaren erwartet man dann aber doch irgendwie mehr “Cindy-eskes”. Was durch ihren aufgesetzten türkisch-deutsch Neuköllnsprech auch noch unterstützt wird. Und an diesem Abend wurde ich eines Besseren belehrt.

Ghettolektuell ist amüsant, aber nicht zum Kaputtlachen. Im Gegenteil, manchmal sitzt man mit einem dicken Kloß im Hals im Publikum. Und am Ende des Abends nimmt garantiert jeder einzelne Besucher etwas für sich mit nach Hause. Es gab vielleicht keine Lachsalven, aber dafür viel stilles Nicken und anerkennendes, zustimmendes Klatschen, auch wenn einige von Idil Baydars Wahrheiten schwer zu schlucken waren. Sie hält uns allen einen Spiegel vor und macht anhand kleiner feiner Vergleiche unseren Alltagsrassismus sichtbar. Dabei ist sie sehr privat, sehr persönlich und immer im direkten Gespräch mit dem Publikum.

Und vor allem ist sie eins: voller Liebe. Für die Deutschen. Für die Türken. Für die Menschen. Und das transportiert sie mit jedem, manchmal auch sehr frechen und direktem Satz. Ihre Lösung für das aktuell brisante AfD-Problem: Liebe. Aufeinander zuegehen. Einander zuhören. Mal in die Schuhe des anderen steigen.

Mit ihrem Programm sollte Idil Baydar nicht nur durch Sachsen touren, wie es ihr Ziel ist, sondern auch durch die Schulen, Jugendclubs und Unis von Deutschland. Eigentlich sollten einfach alle mal zu Ghettolektuell gehen. Und ein bisschen in sich hinein horchen. Ein wirklich schöner Abend in der Bar jeder Vernunft. Klug, nachdenklich, politisch, witzig.

Bis Sonntag kann man Idil Baydar und “Ghettolektuell” noch in der Bar jeder Vernunft erleben, danach in ganz Deutschland.

©Nicole Haarhoff

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