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Ein junger Mann steht in einem kahlen, nüchternen Raum. Der Boden ist rot, die Wände sind blau, außer einer nackten Glühbirne gibt es nichts zu sehen. Der junge Mann ist vielleicht ein Reisender, er hat zumindest einen großen Koffer dabei. Auf jeden Fall ist er ein Wartender. Gelangweilt, wütend, resigniert, er durchläuft alle Phasen des Wartens, das kann wohl jeder nachempfinden. Bis die dumme Glühlampe flackert. Ohne etwas anderes zu tun zu haben wird die Birne nun plötzlich zu seinem einzigen Fokus. Und um sie zu erreichen, muss er sich einiges einfallen lassen. Und während er sich dehnt, streckt, auf die Zehenspitzen stellt und die Wände hinaufzugehen versucht, wird ihm mit einem Mal eines klar: Da stimmt etwas nicht! Da ist irgendetwas anders in diesem Raum. Seine Krawatte zum Beispiel, die hängt nicht ordentlich nach unten, sie scheint der Schwerkraft zu trotzen und steht starr zur Seite ab. Zunächst irritiert, dann ängstlich und schließlich freudig erregt testet der Wartende nun aus, zu was er in diesem geheimnisvollen Raum so fähig ist. Er klettert die Wände hinauf und hinunter, hängt wie eine riesige Spinne in einem Winkel unter der Decke.
Der Trick hinter “Leo” ist eigentlich ein ganz einfacher. Wir sehen den Reisenden, den Wartenden in seinem kleinen Raum, auf einer großen Leinwand, die links auf der Bühne steht. Neben der Leinwand gibt es noch einen weiteren Raum. Hier ist der Boden blau, eine Wand ist rot und eine andere ist ebenfalls blau. Es ist also der gleiche Raum, nur quasi auf die Seite gelegt. In diesem Raum befindet sich der Akteur tatsächlich. Wenn der Wartende sich in seinem Raum nonchalant mit einer Hand gegen die Wand gestützt entspannt, dann muss der Künstler im anderen Raum schweißtreibend horizontal zum Boden auf einer Hand stehend ausharren. Alles, was auf seiner Seite kompliziert und sportlich anstrengend wirkt, lässt der Wartende ganz einfach aussehen. Und wenn der Wartende etwas schier unglaubliches tut, wie zum Beispiel schwerelos unter der Decke kleben wie Spiderman – dann entspannt sich der Akteur auf dem Boden kauernd.
Einfach und mit einer solch wuchtigen Wirkung! Als Zuschauer weiß man schnell gar nicht mehr, wo man hinschauen soll! Der Charakter des Wartenden entwickelt ein Eigenleben und scheint eine ganz eigene Persönlichkeit zu sein, losgelöst von dem jungen Akteur auf der rechten Seite. Obwohl man die Lösung, das Geheimnis, eigentlich direkt vor den Augen hat, freut und wundert man sich mit ihm. Eine clevere und lustige Sinnestäuschung, die einen mitreisst und erstaunt. Absolut sehenswert.
Regie: Daniel Brière
Idee und Original-Darsteller: Tobias Wegner
Kreativproduzent: Gregg Parks
Licht und Setdesign: Flavia Hevia
Videodesign: Heiko Kalmbach
Animationen: Ingo Panke
Performer:William Bonnet, Julian Schulz and Tobias Wegner
Jeweils montags um 20 Uhr, nur bis zum 5. Dezember!
©Nicole Haarhoff
Ein Gedanke zu „Leo – Chamäleon Theater“