[Veranstaltungstipp/Werbung]
Einem grandiosen Filmkonzert-Erlebnis durfte ich gestern Abend im Konzerthaus Berlin beiwohnen! Ein toller Film, ein großartiges Orchester und dazu noch eine kleine Gruppe herausragend guter spanischer Musiker, die das gewisse Etwas zaubern.
Der Film Blancanieves ist sowieso schon etwas ganz Besonderes: Obwohl im Jahre 2012 entstanden, ist er ein Stummfilm in schwarz-weiß, die ganz großen Gefühle werden vor allem von der außergewöhnlichen Filmmusik transportiert. Pablo Berger, der Regie führte und auch das Drehbuch schrieb, war von einem alten Plakat inspiriert worden, auf dem stierkämpfende Zwerge zu sehen waren. Gedanklich verband er das mit Schneewittchen und eine Idee war geboren.
Sevilla, 1910, der große Torero Antonio Villalta bestreitet einen Stierkampf. Liebevoll widmet er den Kampf seiner hochschwangeren Frau Carmen, als plötzlich das Unfassbare geschieht: Abgelenkt von einem Kamerablitz wird Villalta von dem Stier auf die Hörner genommen und schwer verletzt. Während er umgehend ins Krankenhaus gebracht wird, beginnen bei seiner Frau durch den Schock viel zu früh die Wehen. Sie überlebt die schwere Geburt nicht und Villalta bleibt vom Hals abwärts gelähmt. Er will seine kleine, neugeborene Tochter vor lauter Trauer nicht sehen. Sie verlebt trotzdem eine glückliche Kindheit bei ihrer Großmutter, auch wenn sie ihren Vater vermisst. Als die Großmutter jedoch stirbt, bleibt der kleinen Carmencita nicht anderes übrig, als in das Haus ihres Vaters und ihrer Stiefmutter zu ziehen.
Die böse Stiefmutter schneidet ihr nicht nur ihre wallende Haarpracht ab, sondern weist ihr auch den Kohlekeller zum Schlafen zu und lässt sie nur schwerste Hausarbeit verrichten. Den Vater, der an einen Rollstuhl gefesselt ist, bekommt sie zunächst nicht zu Gesicht, später gelingt es ihr jedoch, sich zu ihm zu schleichen und sie verleben eine schöne Zeit. Wann immer die Stiefmutter anderweitig beschäftigt ist, bringt Antonio seiner Tochter den Stierkampf bei und sie tanzt den Flamenco, den ihre Großmutter sie lehrte. Aber schließlich kommt die böse Stiefmutter ihnen auf die Spur und sie werden fürchterlich bestraft.
Jahre später ist die Stiefmutter ihres gelähmten Mannes schließlich so überdrüssig, dass sie ihn tötet und auch versucht die verhasste Stieftochter loszuwerden. Diese wird von einem Trupp fahrender Zwerge gerettet, die von Dorf zu Dorf tingeln, Späße machen oder Stierkämpfe mit Kälbern darbieten. Schnell wird Carmen ein Teil der Gruppe und als hübscher weiblicher Torero berühmt. Natürlich dauert es nicht lange, bis auch die böse Stiefmutter Wind von dieser Showsensation bekommt und dem Treiben ein Ende setzen will…
Der Film ist ganz genauso inszeniert, wie man es von den alten Schwarzweißfilmen kennt, die Gesten sind immer übertrieben groß, die Gefühle werden überdeutlich auf Gesichtern in der Nahaufnahme gezeigt. Die Frauen sind wunderschön, die Bösen von einer schwarzen Wolke der Boshaftigkeit umgeben. Was die fehlende Sprache transportiert hätte, das übernimmt nun die Musik. Zum Flamenco mit der Großmutter erklingen fröhliche Palos, der typisch klagend-schöne Gesang erklingt. Alfonso de Vilallonga, der die Filmmusik schuf, spielt an diesem Abend Ukulele, Akkordeon und Klavier. Für die traditionellen Stücke bekommt er Unterstützung von Juan Gómez (Flamenco-Gitarre), Isaac Vigueras und David Dominguez (Palmero), Mariola Membrives (Gesang) und Katharina Micada (Singende Säge).
Ein wundervoll untypisches und besonderes Konzertereignis! Mitreißend, berührend, aber auch tragisch!
Wer nun auch gern ein solch grandioses Erlebnis im wunderschönen Konzerthaus Berlin planen möchte, sollte sich schon mal den 27. Januar 2018 fett im Kalender anstreichen, denn da bringen Frank Strobel und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin in Kooperation mit der Europäischen Filmphilharmonie The Artist auf die Bühne!
©Nicole Haarhoff