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Düster dräuend erhebt sich das Kriegsschiff Indomitable über dem Handelsschiff Rights o’Man. Eine Entereinheit kehrt siegreich zurück und zerrt drei mehr oder weniger widerstrebende Männer an Bord. Einer, ein Kaufmann, protestiert besonders lautstark gegen die Zwangsrekrutierung, aber tun kann er nichts dagegen. Die Befehlshabenden an Bord sind nur wenig begeistert von ihrem Fang. Einzig Billy Budd (John Chest), ein hübscher junger Mann, der vormals auf der Rights o’Man als Seemann diente, gefällt den Obrigkeiten, er scheint seetüchtig und fähig. Außerdem ist er auch als einziger aus seiner kleinen Truppe dem Schiffswechsel nicht abgeneigt. Im Gegenteil, für ihn bedeutet das vor allem eine bessere Position an Bord. John Claggart (Gidon Saks), der brutale und allseits gefürchtete Waffenmeister, sieht Billy und entbrennt gegen seinen Willen sofort in Begehren zu ihm. Er versucht das ungewollte Gefühl im Keim zu ersticken und schickt einen schleimigen Möchtegern namens Squeak (Paul Kaufmann) aus, um den Neuling auszuspionieren und nach Möglichkeit gar zu diskreditieren.

Billy Budd lebt sich schnell auf dem Schiff ein, versteht sich gut mit seinen Kameraden, mag seine Arbeit. Er ist sich den drohenden Wolken, die sich über ihm zusammenziehen, bis ganz zum Schluss gar nicht bewusst. Die Intrigen, die Claggart hinter seinem Rücken spinnt, die Gefühle, die er für den schönen jungen Seemann hegt, das alles bemerkt dieser gar nicht. Er träumt stattdessen von einer Beförderung und bewundert still den prächtigen Kapitän Edward Fairfax Vere (Richard Croft), der ihm intelligent und gerecht erscheint.

Die Arbeit auf dem Schiff, der Krieg und die Kampfhandlungen, die auf die Schiffsbesatzung warten, alles ist düster und schwer. Auch das herannahende Drama um den fröhlich-naiven Billy, der wie ein Lamm zur Schlachtbank unwissend auf das Schiff kommt und alles in Gang setzt, legt einen Schleier von Traurigkeit über die Oper. Die Männer sind stark und stolz, grimmig und entschlossen. Einzig die Gesänge der Matrosen nach einem langen Arbeitstag an Bord ergeben ein wenig Heiteres.

Der Schiffsrumpf, die Kapitänskajüte, alles wird in der Deutschen Oper auf unnachahmliche grandiose Art und Weise auf die Bühne gebracht. Bewunderswert einfallsreich! (Bühne: Paul Steinberg) Die Arbeit der Männer auf dem Deck und in den Takelagen wird mit schweren Tauen dargestellt. Man glaubt tatsächlich, man könne die Wellen ans Schiff schlagen hören und die Gischt riechen! Gefällig ist die Oper allerdings nicht, nicht romantisch oder auch nur schön. Die Männer sind hart, die Situation aussichtslos, das Ende unausweichlich. Zwischen den kühlen und abrupten Offizieren ist der jugendlich-enthusiastische Billy Budd der einzige Lichtschein, ansonsten bestimmen Arbeit, Krieg und Peitsche den Alltag. Die Musik ist militärisch geprägt, seemännisch und nur manchmal erklingen süße Jungenstimmen.

Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schwer es für den musikalischen Leiter Moritz Gnann und das Orchester der Deutschen Oper Berlin ist, so reibungslos und perfekt von einem so heiteren Opernabend (Der Liebestrank) zu solch schwerer Kost zu wechseln. Schwieriges, aber sehr hörens- und sehenswertes Werk des britischen Komponisten Benjamin Britten, der Billy Budd nach dem letzten Roman von Melville erschuf. Während der Roman unvollendet blieb und viele Fragen aufwarf, machte Britten aus dem Stoff ein tragisches Liebesdreieck und ein schwules Drama der Begehrlichkeiten. In der Deutschen Oper bleibt dieser Teil der Geschichte teilweise verborgen und wird nicht speziell hervorgehoben.

©Nicole Haarhoff

 

 

 

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