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Im Jahr 2015 war seine Geschichte in aller Munde: Nasser El-Ahmed. Der junge Berliner mit libanesischen Wurzeln verklagte damals seine eigene Familie. Etwas, wofür er gerade aus der muslimischen Community heraus scharf verurteilt und in den sozialen Medien hämisch beschimpft wurde. Aber was war eigentlich geschehen?
Nasser, aufgewachsen in Berlin Neukölln, hatte daheim strenge Regeln zu befolgen und ansonsten harte Strafen zu befürchten. Trotzdem nennt er sein Familienleben im Nachhinein liebevoll. Vor allem zu seiner Mutter und seinen kleineren Geschwistern verband ihn ein enger Familienbund, während der strenge Vater oftmals mit Gewalt seine Traditionen und Moralvorstellungen durchzusetzen versuchte. Nasser beginnt ein Doppelleben zu führen, wie es in vielen strenggläubigen Einwandererfamilien für die Kinder alltäglich ist. Zuhause brav und angepasst, nur in der Schule und mit den Freunden wild und frei. Bei Nasser kommt allerdings hinzu, dass er sich zu Jungs hingezogen fühlt. Als er beginnt, die schwule Berliner Partyszene zu erkunden, dauert es gar nicht lange, bis er bei seinen Eltern geoutet wird.
Danach ist nichts mehr wie zuvor. Nasser flüchtet sich nach brutalen Gewaltausbrüchen erst zu einem Freund, später dann zum Jugendamt. Den Eltern wird das Sorgerecht entzogen, der Betreuer vom Jugendamt erwirkt vorsorglich eine Ausreisesperre. Entführung und Zwangsverheiratung steht wie ein Gespenst im Raum. Trotzdem kann Nasser seine Familie nicht einfach hinter sich lassen und vergessen. Vor allem Mutter und Geschwister fehlen ihm. Trotz der körperlichen Angriffe durch seinen Vater und seine Onkel trifft er sich heimlich mit ihr und… wird fürchterlich von ihr verraten. Denn als er wieder zu sich kommt, befindet er sich versteckt in einem Auto, auf dem Weg in den Libanon. Dort soll allerdings nicht die Heirat auf ihn warten sondern der Galgen! Lieber der Tod als dass er die Familienehre beschmutzt! In letzter Sekunde wird Nasser an der Grenze entdeckt und gerettet. Wieder in Berlin verklagt er seine Entführer und beginnt, Protestaktionen gegen Homophobie zu veranstalten und laut und deutlich über das Geschehene zu sprechen.
Am Grips Theater wird Nasser von David Brizzi dargestellt, seine Eltern, Geschwister, Mitschüler und die Sachbearbeiter von Katja Hiller, Öz Kaveller und Jens Mondalski. Es ist kein bitteres oder trauriges Stück geworden, keine Anklage an die Religion, sondern eine eindringliche, aber auch positive Coming Out-Geschichte eines ganz besonderen jungen Mannes. Sehr sehenswert, so wie alles am Grips Theater! Wegen der großen Nachfrage gibt es einige Zusatzvorstellungen.
©Nicole Haarhoff
Ein Gedanke zu „Nasser #7 Leben – Grips Theater Podewil“