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Footloose – Das Tanzmusical über ein Tanzverbot
Ach herrje – was fand ich Kevin Bacon toll! Als Footloose, der Originalfilm, damals 1984 ins Kino kam, war ich ja noch ein Kleinkind, aber später habe ich den Film bestimmt ein Dutzend Mal gesehen, nicht zuletzt wegen Kevin Bacons (er spielt den Rebellen Ren) grandioser und ikonischer Einzeltanzszene in einer verlassenen Fabrikhalle. Aus diesem Grund habe ich mich natürlich sehr gefreut, als am Wochenende Footloose – Das Tanzmusical im Admiralspalast Station machte und einen meiner All Time Favorites auf die Bühne brachte.
Von Chicago nach Bumfuck Bomont
Auf der Leinwand und auch auf der Bühne – es beginnt wie es endet: mit einem wilden Tanzspektakel zu Kenny Loggings Titelsong Footloose. Nur leider mündet die fröhliche Sause im kathastrophalen Unfalltod von vier jungen Leuten, einer von ihnen der Sohn des Bomonter Predigers Shaw Moore. Einige Jahre nach dem verheerenden Unfall kommt der fesche Ren mit seiner Mutter aus Chicago nach Bomont. Nach ihrer Scheidung will sie sich bei ihrer Schwester die Wunden lecken und wieder auf die Beine kommen. Ren eckt mit seiner städtischen Coolness schnell an und findet sich nur sehr schwer in der erdrückenden Strenge der Kleinstadt zurecht. Dass er sich in die rebellische Tochter des Predigers verguckt, die bereits einen Boyfriend hat, macht die Sache auch nicht besser. Seine Forderung, das Tanzverbot zu kippen und einen Abschlussball für die Highschool zu erlauben, schwört einen erbitterten Kampf zwischen den konservativen Gläubigen und den tanzverrückten Jugendlichen herauf.
Akrobatik und Popsongs
Für das Musical wurden viele der tollen Tanzsszenen des Kultfilms übernommen und gar noch akrobatisch aufpoliert, die Tänzerinnen und Tänzer sind wirklich sehr gut, mitreißend, kraftvoll und aufreizend. Auch der fetzige Soundtrack des Films wurde übernommen und die Songs (zum Beispiel Holding out for a Hero von Bonnie Tyler) werden von den guten und sehr guten Musicaldarstellern (Lydia Gritz als Rusty ist wunderbar! Und Max Menendez Vazquez als Willard! Sie machen die Nebenrollen zu Hauptrollen.) großartig interpretiert. Insgesamt hätte ich also mehr als zufrieden nach Hause tanzen können, wären da nicht die Veränderungen an der Story gewesen! Herrje!
Die Amish auf Rollschuhen
Während die Songs im Original gesungen wurden, wird die Geschichte auf Deutsch erzählt, was ja erst einmal nicht schlecht ist. Leider wurde sie auch etwas “vereinfacht”, vielleicht damit wir unsere Vorstellungskraft nicht unnötig überfordern. So wurde aus den strenggläubigen Kleinstädtern kurzerhand eine Amish-Gemeinde. Vielleicht, weil man sich strenge Glaubensgesetze heute sonst gar nicht mehr vorstellen kann? Keine Ahnung, auf jeden Fall fahren die Amish in diesem Fall Rollschuh, tragen bunte Kleider und gehen auf öffentliche High Schools. Was das Ganze unglaubwürdig und albern erscheinen lässt. Aus dem Buch Schlachthof 5 von Kurt Vonnegut, gegen dessen Verbannung aus dem Literaturunterricht sich Ren im Film einsetzt, wird im Musical das SM-Pornobüchlein Fifty Shades of Grey. Da schmerzt mir als Buchhändlerin das Herz. Das ist also jetzt ein Klassiker der Weltliteratur, für den es sich zu kämpfen lohnt? Ach herrje! Wer den Film gar nicht kennt, den mag das vielleicht gar nicht stören. Vielleicht übertreibe ich ja auch, schließlich waren Tanz und Gesang ja trotzdem sehr gut, aber mir hat es den Spaß tatsächlich ganz schön geschmälert. Wenn schon Veränderungen, dann auch richtig durchgezogen!
Wer nichtsdestotrotz zu unsterblichen schönen Songs mit dem spiel- und tanzfreudigen Cast feiern möchte, Footloose – Das Tanzmusical ist weiterhin auf Deutschlandtournee. Ich höre jetzt auf zu meckern und freue mich auf den nächsten Musicalkracher im Admiralspalast Berlin: Hairspray!!
©Nicole Haarhoff