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Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich auf der Pressekonferenz für Elegies – Lieder für Engel, Punks und Dramaqueens war und ich wusste schon damals, dass dies gewiss ein ganz besonderer Abend werden würde, der noch lange im Zuschauer nachhallt. Und genau so war es auch. Schon im ersten Teil musste ich mir bei der einen oder anderen Geschichte angestrengt die Tränen versagen, aber dann kam im zweiten Teil Jurassica Parka auf die Bühne, die ich aus ihren Shows ja eher als scharfzüngige Lästerschwester kenne und liebe und brachte eine so punktgenaue Geschichte, mit so viel Gefühl und alles war verloren. Den Rest der insgesamt beinahe dreistündigen Show schluchzte ich dann leise vor mich hin.
Elegies ist kein Musical per se, auch wenn fast 60 Musicaldarsteller und Darstellerinnen gemeinsam auf der Bühne stehen. Es ist ein Flickenteppich aus vielen ganz unterschiedlichen menschlichen Schicksalen. Genau so, wie es der Aids Memorial Quilt ist, der seit 1987 in den USA entsteht und mittlerweile aus rund 44 000 Geschichten besteht, alle von Menschen, die an Aids gestorben sind. Dieser Flickenteppich aus Erinnerungen inspirierte den Musicalautor Bill Russell dazu, die Texte und Erzählungen mit Musik zusammen zu bringen und Elegies entstand. Eine Geschichte ist ergreifender und herzzerfetzender als die andere, Geschichten über viel zu früh beendete Leben, über zerstörte Träume und tiefe Trauer, aber auch über Heldentum, Aufopferung und allumfassende Liebe.
Daniel Witzke und Robin Kulisch haben es geschafft, dieses Nicht-Musical zu einem einzigartigen Abend der Superlative zu machen, mit unheimlich vielen tollen Musicaldarstellern und Promis, die die einzelnen Schicksale liebevoll und ehrfürchtig behandeln, wie es dem Thema gerecht ist. Ob Partyboy, Prostituierte, betrogene Ehefrau oder ehrenamtliche Helferin, all die Erzählungen, wie Menschen sich mit dem HIV-Virus ansteckten und was dann mit ihnen geschah, wer bei ihnen war und wer den Rücken zudrehte, wie sie damit umgingen, mit Wut, mit Hass, mit Verzweiflung oder mit stiller Würde, all dies wird ganz schnörkellos auf die Bühne gebracht. Ohne viel drumherum spricht einfach nur ein winziger Teil einer Geschichte für sich, ein kleiner Blick durchs Schlüsselloch auf das Leben und Sterben eines Menschen der für unzählige Schicksale steht. Ein ganz klein wenig bekommt man an diesem Abend einen Einblick mitten hinein in eine Katastrophe die in den 80er Jahren mit grausiger Macht über uns hereinbrach.
Klitzekleine Auswahl der vielen tollen Darsteller: Ana Milva Gomes, Volkan Baydar, Jana Stelley, Denise Jastraunig, Gino Emnes, Ethan Freeman, Chris Murray, Barbara Obermeier, Patrick Stanke, Jessica Kessler, Aisata Blackman, Andreas Bieber, Lucy Scherer, Milica Jovanovic, Maya Hakvoort, Monika Julia Freeman, Annika Henz, Adrian Burri, Bettina Meske, Marlon Wehmeier und Roberta Valentini.
Begleitet werden die Sänger von Bill Russells Songs, die Robin Kulisch für den Abend ins Deutsche übersetzte, von Philipp Gras am Piano und Anne Sophie Keckeis am Cello.
Ein wundervoller, ergreifender, aufwühlender und nachdenklich stimmender Abend zugunsten der Deutschen Aids-Hilfe.
©Nicole Haarhoff